Start-ups als Treiber der Transformation

04.01.2023Presseinformation
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Börsen Zeitung, 24.09.2022, Beitrag von Thomas Buschmann

NRW verfügt über vielfältige und langjährige Erfahrungen beim Thema Strukturwandel - Gemeinsam kann dieses Land vieles bewegen.

„Früher war die Zukunft auch schon mal besser!“ - dieses Zitat des legendären Komikers Karl Valentin erscheint aktueller denn je. Die Lage wird gerade für die energieintensive und exportorientierte Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen (NRW) immer unübersichtlicher und schwieriger. Neben den immer noch nicht überwundenen Folgen der Corona-Pandemie und dem drängenden Fachkräftemangel in allen Branchen kommen durch den anhaltenden Krieg in der Ukraine Rohstoffengpässe und Lieferketten-Probleme sowie die Energiekrise und eine hohe Inflation hinzu. Das drückt die Stimmung der Unternehmer weiter nach unten.

Banken Teil der Lösung

Bei all diesen Herausforderungen droht die Zukunft gerade aus dem Fokus zu geraten. Hinsichtlich der noch kommenden Themen wie dem demografischen Wandel, der Digitalisierung und Transformation der Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz wäre es fatal, die langfristigen Chancen für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit jetzt nicht zu nutzen und in zukunftsgerichtete Strategien umzusetzen.

In dieser Gemengelage sind Banken besonders gefordert, als Teil der Lösung sowie verlässlicher Finanzierungspartner und Risikomanager ihren Kunden Guidance zu geben. Denn der Beratungs- und Finanzierungsbedarf steigt. Noch ist die Liquiditätslage der meisten Unternehmen unproblematisch, je länger die Krise aber dauert, umso mehr schmelzen die Finanzpolster ab. Dies wird Auswirkungen auf die Kreditvergabe haben. Mit den strengeren Vorgaben aus der EU-Taxonomie, den unsicheren Konjunkturprognosen und den noch unklaren staatlichen Unterstützungsmaßnahmen sowie den steigenden Zinsen wird die Risikoeinschätzung bei einer Finanzierung deutlich komplexer.

Die rund 60 privaten Banken am Finanzplatz NRW haben sich in den vergangenen Jahren gut auf solche Situationen vorbereitet und können bei Liquiditätssicherung und Investitionen unterstützen. Damit das klappt, müssen aber alle Marktteilnehmer eng zusammenarbeiten und offen für neue, unkonventionelle Vorschläge sein. Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind dabei gemeinsam zu denken.

Zögern bringt Nachteile

Denn die vielbeschworene „Zeitenwende“ gilt auch für die Wirtschaft. Am Umbau zu digitaleren und nachhaltigeren Geschäftsmodellen führt kein Weg mehr vorbei, jedes weitere Zögern bei dieser Aufgabe ist mit unmittelbaren Nachteilen verbunden. Das IW Köln hat den Investitionsbedarf allein für NRW auf rund 70 Mrd. Euro jährlich geschätzt - dazu braucht es innovative Finanzierungsideen, gezielte Fördermaßnahmen und eine wirksame Risikoabsicherung. Die neue Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, NRW zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas zu entwickeln.

Die Zeit drängt, um vom „wir wollen“ und „wir werden“ zum konkreten „wir tun“ zu kommen. Kluge Rahmenbedingungen mit beschleunigten Genehmigungsverfahren, mehr Awareness und Motivation der Unternehmer und die bessere Vernetzung aller Investoren und Kapitalsuchenden sind dazu erforderlich. Der im Koalitionsvertrag verankerte Ausbau der Informations- und Vernetzungsplattform „Fin.Connect.NRW“ des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie schafft die Grundlage für eine intensivere Zusammenarbeit.

Weitere Partner erforderlich

Aber es braucht weitere Partner, zum einen weitere Investorengruppen wie Versicherungen, Venture Capital, Fonds, auch Family Offices und Business Angels, und zum anderen Entrepreneure. Gerade Gründern und Start-ups kommt bei der Transformation der sogenannten Old Economy eine wichtige Rolle zu. Sie sind Innovationstreiber und können insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Implementierung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit in die Geschäftsmodelle helfen.

Bisher kooperiert nur jede vierte Firma mit Start-ups - da ist noch viel ungenutztes Potenzial. Banken haben die Vorteile von Kollaborationen mit Green Fintechs längst für sich erkannt, beispielsweise wenn es um die Segmente Data Insights, Impact Investing und Carbon Analystics geht - kurz gesagt, um die Datenerhebung und -auswertung bei der Bestimmung der Green Asset Ratio als neuer Kennziffer beim ESG-Reporting (ESG steht für Environment Social Governance) und dem Kreditprüfungsprozess.

Die private Kreditwirtschaft hat bereits viel in die eigene Transformation investiert und ist nun dabei, ihren Kunden bei deren Digitalisierung und Nachhaltigkeit zur Seite zu stehen. Die Umsetzung der EU-Taxonomie steht allerdings noch am Anfang, nicht zuletzt aufgrund fehlender Standards oder Daten für die Risikobewertung und Nachhaltigkeitsberichterstattung ist eine Bankenregulierung notwendig, die es den Instituten erlaubt, ihre Kreditvergabemöglichkeiten zu erweitern und sie nicht einschränkt.

Zuviel Bürokratie vermeiden

Das gilt für die Umsetzung der Baseler Eigenkapitalregelungen in europäisches Recht, die Investitionen in Start-ups und deren Finanzierung weiter ermöglichen muss, und ebenso die Vollendung der europäischen Kapitalmarktunion. Denn einheitliche und verbindliche Regelwerke und Standards bilden die Basis für Investitionen, eine überbordende Bürokratie eher nicht. Im Zusammenwirken von staatlichen Förderprogrammen, privaten Investoren und der Kreditwirtschaft können die Investitionskräfte entfesselt und damit die Transformation beschleunigt werden.

Gründer werden gebraucht

Dabei ist die stärkere Förderung von Gründern eine der wichtigsten Aufgaben. Neue Ideen werden gebraucht und vor allem Gründer, nicht zuletzt für Unternehmensnachfolgen oder den Wissens- und Technologietransfer aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Das hat auch die Landesregierung erkannt. Bereits vor drei Jahren hat sie die „Gründerzeit Nordrhein-Westfalen“ ausgerufen, bei der unter anderem Gründen vereinfacht, weibliches Unternehmertum gestärkt, finanzielle Grundlagen geschaffen, das Start-up-Ökosystem ausgebaut, Wagniskapital generiert und Nachhaltigkeitsaspekte im Gründungsgeschehen berücksichtigt werden sollen.

Im Fokus stehen auch Scale-ups und ESG-Innovationen. Zahlreiche, wenn auch noch nicht immer optimal verknüpfte Initiativen wie die Hubs der Digitalen Wirtschaft NRW, das Zukunftszentrum K.I., das Europäische Blockchain-Institut oder das neue Global Entrepreneurship Center - um nur einige zu nennen - ziehen immer mehr innovative Gründer an, die den Wirtschaftsstandort mit seinen über 750 000 Unternehmen für seine vielfältigen Business-Opportunitäten zu schätzen gelernt haben.

Vieles ist seitdem passiert, NRW hat sich in den Rankings spürbar verbessert. Auch die privaten Banken engagieren sich selbst mit Investitionen in der Gründerszene, vermitteln Kapital und Geschäftskontakte. Im Bankenverband NRW sind Fintechs wie Compeon oder Creditshelf Mitglied und in die Finanz-Community eingebunden. Über 70 Fintechs sind insgesamt über das ganze Land verteilt.

Gerade hat die Netzwerk-Veranstaltung „#finplaceNRW“ anlässlich des Digital Demo Days, der größten Start-up Expo & Konferenz für Industrial Tech, Investoren und Kapitalsuchende zum Austausch eingeladen. Über die „Fin.Connect.NRW“ besteht auch eine intensive Zusammenarbeit mit Unternehmerverbänden sowie Industrie- und Handelskammern, der Wissenschaft, Politik und dem InsurLab Germany als führendem Think Tank der Versicherungsbranche. Auch die NRW. Bank ist als Förderinstitut des Landes mit zahlreichen Angeboten eng eingebunden.

Die Herausforderungen sind groß und bedürfen ebenso großer Anstrengungen. Aus Bankensicht ist der Wirtschaftsstandort NRW für die digitale und nachhaltige Transformation gut aufgestellt. Wenn das Land eines kann, dann Strukturwandel, hier gibt es vielfältige langjährige Erfahrungen. Die privaten Banken unterstützen die Transformation der Unternehmen mit großem Engagement. Gemeinsam kann dieses Land dank seiner Wirtschaftskraft und Innovationsstärke vieles bewegen. Wenn Nordrhein-Westfalen seine Chancen jetzt nutzt, dann sollte das auch mit der besseren Zukunft klappen.